NEW WORK BREMEN

ARBEITSWELT VON MORGEN

Best Practice

New Work Beispiele von Unternehmen aus der Region

Immer mehr Unternehmen und Organisationen machen sich auf den Weg der Transformation, wobei der Unternehmenskulturwandel im Vordergrund steht. Hier geht auch um das Ausprobieren neuer Wege und Formen von Arbeit und Zusammenarbeit.

abat AG

Der SAP-Dienstleister abat AG, 1998 mit 4 Gründern und 9 Mitarbeiter gestartet, heute über 550 Mitarbeiter, erprobt seit 2016 im Rahmen eines NewWork Labors, wie sich der noch stärkere Verzicht auf steuernde Eingriffe der Geschäftsleitung auf die Projektabwicklung auswirken. Der zentrale Leitsatz des Unternehmens: „Das Grundprinzip des Unternehmens ist es, Menschen zu vertrauen und respektvoll miteinander umzugehen“ gilt auch hier. Obwohl ein so starkes Wachstum wie bei der abat AG irgendwann die Frage der Steuerbarkeit aufkommen ließ, entschied sich die Managementebene entgegen einer sonst in Unternehmen üblichen Vorgehensweise mutig, auf die Einführung zusätzlicher Hierarchestufen zu verzichten. Die vertrauensvolle Kultur auf Augenhöhe sollte beibehalten und sowohl die Selbstverantwortung der Mitarbeiter als auch der Handlungs- und Entscheidungsspielraum weiter gestärkt werden. Im Rahmen des NewWork Labors erhalten Mitarbeiter gleiche Entscheidungsspielräume wir die Prokuristen und dürfen z.B. ohne kontrollierende Führungsinstanz oder Genehmigung der Vorstände Projekte im Wert von bis zu 500.000 € selbstständig abwickeln. Joachim Mannherz und Christian Diestelkamp, Mitglieder der erweiterten Geschäftsführung und federführend in der Labor-Idee und internen Umsetzung vertreten eine klare Haltung: „Der bei abat geltende Vertrauensvorschuss ist nicht mutig, sondern folgt konsequent unserem Menschenbild. So wie wir Prokuristen verantwortungsvoll mit unseren Entscheidungsspielräumen umgehen, so tun dies ganz sicher auch unsere Mitarbeiter.“

Die ersten Ergebnisse des NewWork Labors bei abat zeigen, dass die bisherige dezentrale, selbstorganisierte Arbeitsweise von abat auch ohne steuernde Eingriffe der Geschäftsleitung sehr gut funktioniert. Darüber hinaus wecken die besser transparent gemachten Gestaltungsmöglichkeiten bisher nicht genutzte Potentiale und bringen neue Ideen zur Umsetzung.

 

Traum-Ferienwohnungen.de

Das Bremer Unternehmen Traum-Ferienwohnungen.de ist Zweitplatzierte (Gewinner) des New Work Award 2017 und wurde für seine zukunftsweisende Arbeitskultur ausgezeichnet. Die Gründer haben sich bewusst für die Arbeit in gemischten Teams ohne Führungskräfte entschieden. Fachabteilungen sucht man hier vergebens. Alle Mitarbeiter bei Traum-Ferienwohnungen.de stimmen sich in ihren Teams eigenverantwortlich über Urlaubsregelungen, passende Kommunikationstools oder Arbeitsformen ab. Dank Laptops sind die Arbeitsplätze flexibel. Um dennoch gemeinsam und ortsunabhängig an Dokumenten arbeiten zu können, nutzen sie heute Cloud-Dienste. In Meetings schalten sich Mitarbeiter im Homeoffice per Videochat zu. 


Beispiele aus der Musterbrecherforschung

Begonnen mit einen Forschungsprojekt an der Universität der Bundeswehr vor mehr als 15 Jahren, beschäftigt sich seitdem eine Forschungsgruppe um Hans Wüthrich mit Unternehmen, die alternative Führungsstile ausprobieren (vgl. Wüthrich, 2007). Das Experimentieren mit kontraintuitiven Formen von Führung nimmt einen zentralen Stellenwert der Untersuchungen ein. Im Kern geht es in den Experimenten um das Schaffen bzw. Ermöglichen von (neuen) Erfahrungswelten für alle Beteiligten. Für einen begrenzten und definierten Zeitraum werden dabei alte Muster verlassen und neue ausprobiert. So haben beispielsweise Unternehmen erprobt, welche Wirkungen zu beobachten sind, wenn auf Ziel-, Qualitäts- und Output-Vorgaben verzichtet wird und Teams selbstorganisiert agieren oder wenn Leitungsgremien ihre angestammten Verantwortungsbereiche tauschen. In anderen Unternehmen wurde ausprobiert, welche Erfahrungen und Folgen es hat, wenn Mitarbeiter ihr Gehalt selbst festlegen. Wieder andere Unternehmen stellten sich den Erfahrungen des Führungsverzichtes – in denen verließ der Vorstandsvorsitzende für mehrere Monate das Unternehmen und ging z.B. auf Weltreise. Charakteristisch für die Experimente ist, dass sie auf den ersten Blick nicht möglich erscheinen, da sie ein maximales und beinahe naiv anmutendes Maß an Vertrauen in die Mitarbeiter investieren. Als eine zentrale Grundprämisse der Unternehmens- und Führungskultur wird ein positives Menschenbild unterstellt, das von mündigen Mitarbeitern ausgeht, die von sich aus einen Beitrag leisten wollen. Die untersuchten „Musterbrecher-Unternehmen“ zeichneten sich vor allem auch dadurch aus, dass sie es ganz „unaufgeregt“ verstanden, Werte mit Leben zu füllen. Handlungsspielraum, Selbstorganisation und der konsequente Verzicht auf Druck sind weitere Prinzipien, die, so die Erkenntnis aus mehr als 600 durchgeführten narrativen Interviews, die Potenzialentfaltung der Mitarbeiter bestmöglich förderten. Im Ergebnis zeigten sich in den vor allem mittels qualitativer Forschungsmethoden durchgeführten Untersuchungen weiterhin durchweg positive Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit, Produktivität und den wirtschaftlichen Erfolg. Formen hierarchiearmer Führung, Teilhabe, Souveränität, Kollaboration und Potenzialentfaltung sind ebenso Kernprinzipien von New Work, der Bewegung, die mit Fritjof Bergmann in den 70er Jahren den Anfang nahm und heute vor dem Hintergrund der Digitalisierung und disruptiven Veränderungen der Arbeitswelt im Transformationsprozess von Unternehmen eine sprunghafte Weiterentwicklung nimmt. Während in der Wirtschaft Unternehmen, wie beispielsweise die Upstalsboom-Hotelgruppe, Cisco Systems, die Sparda Bank München und die Südostbayernbahn bereits erfolgreich alternative Formen von Management erproben, gibt es auch bereits einige Beispiele aus dem öffentlichen Dienst, wie z.B. die Eidgenössische Zollverwaltung in Bern, die neue Wege von Führung erproben und Räume für Potenzialentfaltung schaffen. Die skizzierten Beispiele machen Mut, auch in anderen Unternehmen alternative Formen der Führung auszuprobieren.






(vgl. Musterbrecher- der Film: https://www.youtube.com/watch?v=RRL24bVPnfE&t=303s)



"New Work" - Zukunftsmodelle der Arbeit.

Fraunhofer IAO und BMAS analysieren vielversprechende Ansätze in Deutschland

Das vom Bundeministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderte Projekt »New Work« analysiert die Erfolgsfaktoren für neue Formen der Arbeit und hat dafür in ganz Deutschland interessante Beispiele beschrieben. Wie und über welche Maßnahmen Mitarbeitende in die Managementprozesse einbezogen werden können, hat das Fraunhofer IAO in einer begleitenden Studie untersucht. Ziel des Projekts »New Work« ist es, Erfolgsfaktoren für neue Formen der Arbeit in einer Arbeitswelt 4.0 zu identifizieren. Auf Basis erfolgreicher Praxisbeispiele und einer so genannten »New-Work-Landkarte« werden bereits erschlossene Wege der Umsetzung mit ihren unternehmensseitigen Voraussetzungen, gelungenen Schrittfolgen und den bewältigten Hürden dargestellt. Die Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO legte den Fokus auf die folgenden Fragen: Mit welchem Prozess, unter welcher Einbeziehung der Mitarbeitenden und Führungskräfte und mit welchem Veränderungsmanagement ist dies erfolgreich umsetzbar? In dem wissenschaftlichen Abschlussbericht wurden neben Best Practices auch Voraussetzungen und denkbare Ausgestaltungen künftiger Modelle nach dem Grundgedanken von »New Work« erarbeitet und dokumentiert. 16 Fallbeispiele ergänzen die Publikation auf anschauliche Art und Weise. Sie steht unter folgendem Link auf der Seite des Fraunhofer IAO kostenlos zum Download bereit.

https://www.iao.fraunhofer.de/lang-de/presse-und-medien/aktuelles/2150-new-work-zukunftsmodelle-der-arbeit.html




Literatur

Wüthrich, H. A. (2007). Exzellenz durch Musterbruch – Plädoyer für mehr Managementexperimente, in: KMU-Magazin, Heft 7, S. 10-13.

Weitere Erfahrungen zu New Work aus Bremen und umzu

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